Am 8. Mai 1945 endete der II. Weltkrieg - im Geschichtsverständnis der DDR ein Tag der Befreiung, in dem Westdeutschland ein Tag des Zusammenbruchs. 1985 schließlich spricht Richard von Weizsäcker vom "Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft " und gedenkt endlich auch der "unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion", die ihr Leben verloren. Am 27. Januar 2014, 70 Jahre nach dem Ende der Belagerung Leningrads und 69 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee erhält mit dem Schriftsteller Daniil Granin, einst Freiwilliger an der Leningrader Front, zum ersten Mal ein Russe die Möglichkeit, vor dem Deutschen Bundestag der Opfer zu gedenken, die dieser Krieg die sowjetischen Völkern kostete. Es waren 27 Millionen.

Am Beispiel von Granins Erzählung "Die schöne Uta" will die Lesung das belastete Verhältnis zwischen Deutschen und Russen und den im Werk gestalteten schwierigen Annäherungsprozess - von Hass und Verachtung hin zu Verständnis und Anerkennung beleuchten und die erschreckende Kehrtwende der deutsch - russischen Beziehungen in der Gegenwart ins Bewusstsein rücken.

"Wollen wir uns etwa wieder an die Kehle gehen," heißt es in der 1968 (!) geschriebenen Erzählung. Wollen wir das? Und wenn nicht, was sollten wir tun?