Nachruf für Ottomar Rothmann

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Mit tiefer Bestürzung haben wir vom Tod von Ottomar Rothman erfahren. Wir bewahren das Andenken an einen aufrechten Antifaschisten.

Ottomar Rothmann war der letzte in Weimar lebende ehemalige Häftling des faschistischen Konzentrationslagers Buchenwald. Für sein Engagement gegen Rassenhass und Völkermord ernannte ihn die Stadt Weimar am 3. Oktober 2011 aus Anlass seines 90. Geburtstages zum Ehrenbürger.

Ottomar Rothmann wurde am 6. Dezember 1921 als Sohn eines Angestellten in Magdeburg geboren. Hier wuchs er als jüngstes Kind einer sozialdemokratisch orientierten Familie mit fünf Brüdern und einer Schwester auf.

Die Nazidiktatur veränderte von Anbeginn sein Leben. Während des Novemberpogroms 1938 erlebte Ottomar Rothmann in Magdeburg die brennende Synagoge und die Verfolgung von jüdischen Mitbürgern durch die Nazis. Der parteilose Rothmann wurde so zu einem erbitterten Gegner des Nationalsozialismus. 1942 begann er mit eigenen Widerstandsaktivitäten. Er wurde am 30. Januar 1943 wegen „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ verhaftet. Über Aufenthalte im Gerichts-, Polizei- und Gestapogefängnissen wurde er in das Zuchthaus Halle eingeliefert. Er verbrachte dort sechs Monate in Untersuchungshaft, bevor sich – ohne dass er rechtskräftig verurteilt wurde – das Lagertor KZ Buchenwald hinter ihm schloss.

Dort wurde er Teil der illegalen Häftlingsorganisation. Rothmann sorgte auf äußerst vielfältige Weise für eine Verbesserung der Lebenssituation der Mithäftlinge. So setzten er und ein deutscher Häftlingsarzt beispielsweise Jugendliche auf Arbeitslisten, um sie auf diese Weise vor Vernichtungstransporten nach Auschwitz zu bewahren. Jüdische Häftlinge rettete er in den letzten Tagen vor der Befreiung vor ihrer Liquidierung, indem er im Blockbuch die Bezeichnung „Jude“ durch ihre jeweilige Nationalität ersetzte. Er schmuggelte Lebensmittel aus der Truppenküche ins Lager und fand Möglichkeiten, Post an die ausländischen Häftlinge weiterzuleiten. Unter Lebensgefahr rettete er seinem Kameraden Hans Neumeister das Leben. Rothmann versorgte ihn bis zur Befreiung heimlich mit Lebensmitteln. Er selbst erkrankte auf Grund der verheerenden Lagerverhältnisse im Jahre 1943 an einer offenen Lungentuberkulose, die sein künftiges Leben überschatten sollte.

Im Januar 1945 wurde Rothmann im Lager in die illegale KPD aufgenommen. Gemeinsam mit einem seiner Brüder, der auch in Buchenwald inhaftiert war, erlebte er am 11. April 1945 den Tag der Befreiung.

Am 19. April 1945 leistete Ottomar Rothmann mit 21.000 Überlebenden auf dem Appellplatz des KZ Buchenwald den Schwur „Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit...“. Dieser wurde zu seiner künftigen Lebensmaxime. Er nahm in Weimar mit Gleichgesinnten im „Anti-Nazi-Komitee“ sofort die politische Arbeit zur Beseitigung der Kriegsfolgen und zur Schaffung von antifaschistisch-demokratischen Verhältnissen auf.

Knapp dreißig Jahre nach der Befreiung kehrte Ottomar Rothmann im Jahre 1974 als stellvertretender Direktor von Klaus Trostorff, der wie er einst politischer Häftling im KZ Buchenwald war, auf den Ettersberg zurück. Unter seiner Leitung bis 1986, gewann die pädagogische Arbeit der Gedenkstätte unter anderem durch eine historisch-wissenschaftliche Qualifizierung der Mitarbeiter an Bedeutung. Er selbst führte Einzel- und Gruppenbesucher an die Erinnerungsorte des ehemaligen Lagers. Unermüdlich und überzeugend berichtet Rothmann auch im hohen Alter als Zeitzeuge den in- und ausländischen Besuchern der Gedenkstätte aus eigenem Erleben über die menschenverachtende Schreckensherrschaft der SS im Lager, aber vor allem auch über die unter den Häftlingen geübte internationale Solidarität im Überlebenskampf. Sein Mitwirken im Verband der Verfolgten des Nationalsozialismus und im Häftlingsbeirat KZ Buchenwald der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ist geprägt von der Forderung „Das darf sich niemals wiederholen!“