Verbale und reale Eskalationen sind keine Lösung – den Krieg in und um die Ukraine verhindern!

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Gesellschafts- und parteiübergreifender Aufruf für den Frieden in Europa

Wir, die Unterzeichnenden, fordern alle verantwortlich Beteiligten in Politik und Militär auf, die verbalen und realen Eskalationen unverzüglich einzustellen und konkrete Schritte einzuleiten, zu einem gemeinsamen und friedlichen Interessenausgleich im Ukraine-Konflikt zu gelangen.

Wir fordern die Übergangsregierung in Kiew sowie die russische Regierung deshalb dazu auf, gewaltsame Handlungen und Drohungen gegenüber der jeweils anderen Seite und neutralen Kräften sowie ihre verantwortungslose Kriegs- und Eskalationsrhetorik einzustellen und unverzüglich gemäß der Genfer Erklärung dafür Sorge zu tragen, dass nationalistische Paramilitärs in der Ukraine als auch prorussische Milizen im Osten des Landes entwaffnet werden.

Wir fordern weiterhin die Regierungen der OSZE-Mitgliedsstaaten dazu auf, darauf hinzuwirken, dass die OSZE hierbei eine stärkere Vermittlungsrolle einnimmt und die offizielle OSZE-Beobachtermission nach der Genfer Erklärung in der Ukraine hierfür deutlich aufgestockt wird.

Wir fordern ebenso die Verantwortlichen in den USA und der NATO dazu auf, sämtliche realen und verbalen Eskalationsschritte zu unterlassen.

Wir fordern die Bundesregierung und insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, darauf hinzuwirken, dass die Gespräche im NATO-Russland-Rat wieder aufgenommen werden. Diese Gespräche müssen konkrete Angebote an Russland enthalten, die Bürgerkrieg und Krieg in und um die Ukraine abwenden. Dazu zählen wir:

Frieden und Sicherheit in der Ukraine; Erhalt der territorialen Integrität des Landes; Wiederherstellung der Legitimität und des Machtmonopols von Parlament und Regierung in Kiew; Schutz von Minderheiten; wirtschaftliche Stabilisierung und Vermeidung einer neuen Blockkonfrontation zwischen Russland und dem Rest des europäischen Kontinents.

Wir fordern die Abgeordneten des deutschen Bundestags sowie des Europäischen Parlaments dazu auf, gegenüber der Bundesregierung sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass im Rahmen eines zu initiierenden OSZE-Prozesses die friedliche Zukunft der Ukraine und der Europäischen Friedensordnung gesichert wird. Wir wollen keine neuen Feindbilder in Europa.
Hierfür schlagen wir als vorläufige Verhandlungsgrundlage folgenden Fünf-Punkte-Plan vor:
Erstens: Die Ukraine nimmt zukünftig eine neutrale Rolle ein, bei der der Status Finnlands als Vorbild dienen könnte. Weder wird ein Nato-Beitritt angestrebt, noch mittelfristig eine EU-Mitgliedschaft.
Zweitens: Im Gegenzug wird die territoriale Integrität der Ukraine von den bisherigen Garantiemächten Russland, Großbritannien, USA und der Europäischen Union erneut festgeschrieben und garantiert.

Drittens: Die Ukraine wählt ihre wirtschaftliche Assoziation selbst und frei. Solch eine Aufstellung kann nicht nur für die Ukraine wirtschaftlichen Erfolg versprechen, sondern auch für potenzielle Partner in Russland und/oder zum Beispiel der EU interessant sein.

Viertens: Die Verantwortung der Regionen wird im Rahmen einer neuen Verfassung für die Ukraine gestärkt. Hierzu gehören unter anderem die autonome Wahl der Gouverneure durch die Regionalparlamente und eine Stärkung der Föderationssubjekte in einer zweiten Kammer.

Fünftens: Es werden sobald als möglich Neuwahlen angestrebt. Diese beschränken sich nicht allein auf die Präsidentschaftswahl am 25. Mai 2014, sondern es werden ebenso das Parlament und die Regionalparlamente neu gewählt.

Ideal wäre es, wenn solche Neuwahlen von einer Regierung der nationalen Einheit durchgeführt würden, denn diese wäre überall im Land akzeptiert. Bereits das Weimarer Dreieck – bestehend aus den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Polens – hatte am 22. Februar 2014 eine Regierung der nationalen Einheit für die Ukraine mit den wichtigsten ukrainischen Parteien ausgehandelt, um Konflikte zu vermeiden und Vertrauen zu schaffen.

Wir, die Unterzeichnenden, warnen eindringlich davor, die Europäische Friedensordnung weiterhin mit Kriegsrhetorik, Eskalationshandlungen und Sanktionsdrohungen in Politik und Medien derart fahrlässig aufs Spiel zu setzen. Sofern wir in Parteien mit Amt oder Mandat oder zivilgesellschaftlichen Institutionen tätig sind, appellieren wir auch an diese Organisationen, sich den Forderungen dieses Aufrufs für den Frieden in Europa anzuschließen und gegenüber den Verantwortlichen der gegenwärtigen Entwicklungen entsprechend deutlich Stellung zu beziehen.

www.frieden-in-europa.eu

"Parteiübergreifender Aufruf für Frieden in Europa"; Neues Deutschland vom 08.05.2014