Energiepreisexplosion in Thüringen stoppen – Menschen entlasten – Armut verhindern

Steffen Dittes

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 7/5762

 

Vielen Dank. Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir haben jetzt eine Stunde auch über die Energieversorgung in Thüringen gesprochen und ich glaube, es ist jetzt mal Zeit, tatsächlich auch sehr intensiv darüber zu reden, was die gegenwärtige Situation mit den Menschen in diesem Land macht. Es ist sehr bedauerlich, dass dieser Diskussion nur sehr wenige Abgeordnete folgen wollen.

 

Meine Damen und Herren, liebe Abgeordnetenkollegen, Sie erleben das wahrscheinlich auch gerade in Ihren Wahlkreisen: Wenn die Menschen mit Ihnen ins Gespräch kommen wollen, schildern Sie ihre drei Sorgen oder drei Eindrücke, die sie gegenwärtig haben. Sie haben Angst, dass der Krieg in der Ukraine auch Auswirkungen hat, sich ausweitet und dass auch andere Länder und auch sie selbst mit in diese kriegerische Situation hineingezogen werden. Andererseits befürchten sie auch, dass das, was sie gerade an extremen Wetterlagen erleben, bereits Ausdruck ist, dass der Kipppunkt im Klimawandel erreicht ist, und sie befürchten, dass sie auch in Zukunft eben nicht mehr die notwendige Energie zur Verfügung haben werden. Und da sage ich auch ganz ehrlich in Richtung der Grünenpartei: Ich halte solche Gedankenspiele des Bundeswirtschaftsministers Habeck vom gestrigen Tag, dass die privaten Haushalte möglicherweise aus dem geschützten Bereich der Energieversorgung hinausfallen, als das ganze Gegenteil, als tatsächlich auch die Sorgen der Menschen in diesem Land ernst zu nehmen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Und ich sage auch: Die Menschen haben die Sorge – und das erleben Sie auch in vielen Gesprächen –, dass sie die Kosten, die sie aufbringen müssen, um beispielsweise im Winter ihre Wohnung heizen zu können, nicht mehr tragen können. Und diese Sorgen, meine Damen und Herren, sind berechtigt. Wir erleben gerade eine Verteuerung im energetischen Bereich, im Gasbereich, die ohne Beispiel ist. Wir haben eine Energiekostensteigerung gegenüber dem letzten Jahr von 38 Prozent im Monat Juni gehabt und wir haben zum Teil eine Verdreifachung der geforderten Abschlagszahlungen für die Gaslieferung zur Beheizung eben auch von Wohnungen.

 

Und da muss man eben ganz klar auch sagen: Diese Kostenexplosionen treffen die Menschen in diesem Land sehr unterschiedlich. Es sind vor allem die Familien mit Kindern, die unter dieser hohen Inflation tatsächlich leiden, weil sie, anders als Alleinstehende, eben nicht ausweichen können auf andere Warenkörbe, und der Warenkorb, der von Familien mit Kindern genutzt wird, eben eine besonders hohe Inflationsrate aufweist. Ich will Ihnen das nur mal deutlich sagen: Die Inflationsrate für Haushalte von Familien mit Kindern liegt um zweieinhalb Prozent höher als die Inflationsrate für Haushalte mit Alleinlebenden mit einem hohen Einkommen. Das Ganze, meine Damen und Herren, trifft in Thüringen auf eine Bevölkerung, bei der nach dem Armutsbericht des Paritätischen 19 Prozent als armutsbetroffen gelten, das sind 400.000 Menschen in Thüringen. Das zeigt eigentlich die Dramatik, mit der wir uns hier auseinandersetzen müssen, und das zeigt auch die Notwendigkeit, mit der wir hier tatsächlich auch über Lösungsmechanismen reden müssen. Denn, meine Damen und Herren, diese Preisentwicklung ist doch nicht vom Himmel gefallen, die ist doch nicht einfach über uns gekommen, sondern sie ist eine Folge auch von Regelungsmechanismen des Marktes, sie ist eine Folge von Marktstrukturen, die menschengeschaffen sind, von Menschen geschaffen wurden.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Energiesteuer – das stimmt!)

 

Doch, Herr Montag, das können Sie nicht bestreiten. Es ist eben kein Marktversagen, was wir gerade erleben, es ist genau der Markt, den wir gerade erleben, der zu diesen Preissteigerungen führt. Und wer wirklich auch soziale Marktwirtschaft möglicherweise ernstnimmt, der muss nämlich drei Dinge jetzt tun, und zwar nicht unterlassen, sondern tun: Er muss die Preiskontrolle tatsächlich wieder einführen im energetischen Bereich, er muss über eine Deckelung von Energiepreisen reden und er muss vor allem auch für eine Besteuerung von sogenannten Mitnahme- und Übergewinnen sorgen, weil

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

wir tatsächlich nur so eine Kontrolle über die Energiepreisentwicklung bekommen und uns als Gesellschaft gegenseitig nicht überfordern, wenn wir über einen sozialen Ausgleich in dieser Gesellschaft reden.

 

Wir haben als Linke-Fraktion Vorschläge unterbreitet. Wir haben den Vorschlag unterbreitet, einen Energiehärtefallfonds zu schaffen, um Menschen in diesem Land wirklich zu helfen, aber auch den kommunalen Unternehmen. Wir haben die Forderung erhoben, Grundkontingente bei der Strom- oder auch bei der Wärmeversorgung zu ermöglichen. Und wir haben auch gefordert, dass wir zu einem gesetzlichen Verbot von Energie- und Wärmesperren kommen, weil nur das sichert, dass die Menschen wirklich ihre Lebensexistenz tatsächlich auch garantiert bekommen.

 

Die CDU fordert im Prinzip das Gegenteil. Ich denke, das ist eben auch eine Frage von Gerechtigkeit, welche Mechanismen man jetzt in Gang setzen möchte, um in diesem Bereich für eine Sicherheit für die Bürger zu sorgen. Die CDU fordert im Prinzip Steuersenkungen und fordert ein steuerfreies Energiegeld. Ich sage Ihnen auch, warum das der falsche Weg ist. Eine Steuersenkung bzw. ein steuerfreies Energiegeld führt erst mal dazu, dass Sie eben keine zielgenaue Entlastung von Menschen bekommen, weil Sie eben nicht garantieren können, dass die Steuersenkung tatsächlich beim Endverbraucher ankommt. Ich erinnere an die Steuersenkung im Jahr 2020. Dort sind lediglich 60 bis 80 Prozent der Steuersenkung – Mehrwertsteuer auf 16 Prozent – beim Verbraucher angekommen. Der Rest führte zu einer Umverteilung der Einnahmeverluste im öffentlichen Haushalt, also zu einer Umverteilung von öffentlichen Geldern in private Unternehmensgewinne.

 

Das ist der zweite Punkt, warum Ihr Vorschlag fehlgeht, die Einnahmeverluste in den öffentlichen Haushalten, die dazu führen, dass die öffentlichen Haushalte eben nicht durch Transferleistungen, ganz gleich in welche Richtung, zum sozialen Ausgleich in dieser Gesellschaft beitragen können. Ich sage Ihnen auch, eine Steuerbefreiung, ein steuerfreies Energiegeld oder Steuersenkung führen auch dazu, dass diejenigen, die mehr verbrauchen, stärker entlastet werden. Und mehr verbrauchen tun in der Regel die, die auch mehr verdienen. Es ist also im Prinzip eine ungleiche Entlastung von Menschen, die höhere Einkommen stärker entlastet als geringere Einkommen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ich denke, deswegen sollten wir darüber diskutieren, was wirklich notwendig ist.

 

Vizepräsident Bergner:

 

Herr Kollege, Ihre Redezeit!

 

Abgeordneter Dittes, DIE LINKE:

 

Herr Präsident, nutzen wir einfach diese Aktuellen Stunden, die wir heute geführt haben, als Merkzettel auch für das Parlament, unsere Aufgabe ernst zu nehmen, im Sommer daran zu arbeiten, wie wir in der Thüringer Landespolitik Verantwortung übernehmen können, um wirklich Armut von Menschen in diesem Land zu verhindern. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE)

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