Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Corona-Pandemie-Hilfefondsgesetzes 1/2

Steffen Dittes
RedenSteffen Dittes

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6353

 

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Voigt, wenn Politik ein Zirkus wäre, dann wären Sie der Illusionskünstler.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Sie kriegen bei den Fans der Illusion tatsächlich Beifall. Das haben wir gehört. Aber wenn man hinter die Fassade schaut, erkennt man die Tricksereien. Sie haben hier gesagt, Sie haben die Erwartungshaltung, dass konkret Entscheidungen getroffen werden, geführt wird. Haben Sie eigentlich gemerkt, dass in Ihrer Rede nicht ein wirklich konkreter Punkt zu den Hilfen, die wir heute auf den Weg bringen, enthalten war? Ihnen ging es nur darum, darzustellen, dass Sie diejenigen sind, die etwas tun. Ich glaube, das unterscheidet uns tatsächlich in der Krise, dass wir Verantwortung für das Land und für die Menschen übernehmen. Das werde ich Ihnen auch an diesen Beispielen, die wir heute zu beraten haben, zeigen.

 

Sie haben recht, die Krise belastet diese Menschen in dem Land in den vielen Ausgaben, nicht nur im Energiebereich, auch im Lebensmittelbereich und auch in der Zurverfügungstellung beispielsweise von Produkten für die Produktion und damit natürlich Belastungen auch für die Unternehmen in diesem Land. Wir wissen, dass es Hilfen vom Bund gibt. Wir wissen, dass es in diesen Hilfen sehr viele Leerstellen gibt, und wir wissen, dass es bei diesen Hilfen derzeit noch sehr viele Unbekannte gibt, mit denen wir überhaupt nicht umgehen, mit denen wir überhaupt nicht kalkulieren können. Wir wissen aber auch, dass wir als Land, als Bundesland in dieser Bundesrepublik, überhaupt nicht in der Lage sind, diese Krise alleinig auf dieses Land, auf die Anzahl der Thüringerinnen und Thüringer begrenzt, zu managen und im Prinzip die härtesten Auswirkungen dieser Krise abzumildern. Das heißt, wir müssen die Verantwortung dort, wo der Bund Lücken hinterlässt, übernehmen. Dort stehen wir in der Verantwortung. Wir müssen natürlich auch vorbereitet sein für das, was der Bund die nächsten Tage und Wochen noch auf den Weg bringt. Das leiten wir tatsächlich ein mit diesem Gesetzentwurf.

 

Jetzt will ich auch mal sagen, weil Sie gesagt haben, Sie sind die ganze Zeit der Handlungsakteur, der mit konkreten Vorschlägen hier in Thüringen agiert. Sie erwähnen ja immer Ihren Energieplan. Ich habe das schon mal bei der Haushaltsberatung gesagt: Ihr Energieplan hatte im Prinzip nur zwei Überschriften. Sie nannten ihn „Energiesicherungsfonds“ und Sie haben über 400 Millionen Euro gesprochen. Sie haben nicht an einer Stelle gesagt, als Sie den vorgeschlagen haben, woher das Geld kommt, und Sie haben auch an keiner anderen Stelle gesagt, wohin das Geld wie konkret fließen soll. Nun haben Sie gesagt, wir reden heute hier über diesen Gesetzentwurf, weil Sie es auf den Weg gebracht haben. Da will ich Ihnen vielleicht noch mal in Erinnerung rufen: Während Sie noch immer in Pressemitteilungen Politik betrieben haben, hat diese Koalition einen Gesetzentwurf erarbeitet und aufgelegt und dem Landtag vorgeschlagen, das Sondervermögen, was zur Bekämpfung der Coronapandemie vorgesehen war, im Zweck zu erweitern und dieses Geld, was zur Verfügung steht, in diesem Jahr noch umzuwidmen, um sofort konkret zu helfen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das haben Sie in der Landespressekonferenz Mitte September noch abgelehnt und als eine schlechte Idee bezeichnet, haben sich dann aber später mit einem eigenen Gesetzentwurf, als Sie merkten, das ist vielleicht doch keine so schlechte Idee, ergänzt, der sich in der Sache im Prinzip von dem Gesetzentwurf von Rot-Rot-Grün überhaupt nicht unterschieden hat.

 

(Unruhe CDU)

 

Und während Sie dann weiter in der Öffentlichkeit rumgelaufen sind, hat diese Koalition mit dieser Regierung an der Erarbeitung eines Wirtschaftsplans gesessen.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Sie sind doch nicht Opposition, sondern Regierung!)

 

Denn man hilft den Menschen eben nicht, indem man eine Pressemitteilung auf den Weg bringt – dort steht drin: wir fordern 400 Millionen Euro –, man muss diese Gelder eben auch adressieren. Man muss sie seriös adressieren, nämlich auf der Grundlage dessen, was man tatsächlich zur Verfügung hat. Man muss sie seriös adressieren, in welchen Bereichen man helfen will, und man muss vorbereiten, wie man das Geld dann tatsächlich zur Auszahlung bringt.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das ist nämlich die entscheidende Aufgabe. Es ist nicht die entscheidende Aufgabe, dieses Gesetz heute zu beschließen. Es ist die entscheidende Aufgabe, den Wirtschaftsplan heute zu beschließen. Und an dem haben Sie überhaupt nicht gearbeitet, sondern das war die Arbeit dieser Koalition mit dieser Landesregierung seit September. An der haben Sie sich bis vorgestern überhaupt nicht beteiligt. Beides, das Ansinnen/das Anliegen der Koalitionsfraktionen und den Wirtschaftsplan, bringen wir heute auf den Weg, und zwar nach der Einigung mit Ihnen. Und wissen Sie, was das ist oder was das ausdrückt? Das drückt nicht aus, dass Sie diese Landesregierung zu einer Entscheidung getrieben haben.

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Doch, doch!)

 

Nein, es drückt aus, dass diese Landesregierung, diese Koalition einigungsfähig ist mit Ihnen und dass diese Landesregierung und diese Koalition den Ausspruch, der Ihrem Ministerpräsidenten immer gern zugesprochen wird – „Erst das Land, dann die Partei, dann die Menschen“ –, wirklich ernstnehmen. Ihnen war es in den gesamten Verhandlungen – und das hat man in dieser Rede auch gemerkt – wichtiger, dass am Ende Ihr Gesetzentwurf, egal mit welchen Änderungen, aber Ihr Gesetzentwurf zur Abstimmung kommt.

 

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Der ist besser!)

 

Uns war es wichtig, was in diesem Gesetzentwurf steht,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

weil das nämlich das Entscheidende ist, was den Menschen hilft, und nicht, welche Drucksache tatsächlich hier zur Entscheidung kommt.

 

Was war uns aber auch noch wichtig? Sie haben ja am Dienstag gesagt, wir wollen helfen und Ihr Prä ist Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Was uns wichtig ist, ist, dass wir eben nicht differenzieren, dort die Wirtschaft, die im Prinzip für alles Gesellschaftliche verantwortlich ist, sondern dass man tatsächlich ausgewogen gesellschaftlichen Strukturen hilft, den Menschen in diesem Land. Deswegen haben wir bereits im September auch den Sozialen Härtefallfonds hier eingebracht, dem Sie dann auch zugestimmt haben. Uns war wichtig, dass wir, wenn wir helfen, die soziale Infrastruktur in diesem Land erhalten – das sind Bildungseinrichtungen, das sind Vereine, das sind Kindergärten, das sind Sportvereine. Die haben Sie völlig aus dem Blick verloren bei dem, was Sie immer politisch in Richtung IHK und HWK kommuniziert haben. Uns war auch wichtig, dass wir die Kommunen unterstützen, wenn sie genau ihre Angebote unterhalten. Auch das war Ihnen am Dienstag und am Mittwoch in den Beratungen gar nicht so wichtig, die wollten Sie am liebsten aus dem Gesetz streichen. Das gehört doch auch zur Ehrlichkeit dazu.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Es war uns auch wichtig, dass wir kleinen mittelständischen Unternehmen auch in Thüringen in der Wirtschaftsstruktur Hilfen zukommen lassen. Genau das war auch schon Bestandteil des Entwurfs des Wirtschaftsplans, wie er heute eben auch zur Grundlage der Entscheidung im Haushalts- und Finanzausschuss genommen wird.

 

Uns war wichtig, dass wir zielgenau auch die Wirtschaftshilfen adressieren, weil es hilft eben nicht, einfach Geld zu versprechen, dass man die Erwartungen im Land weckt, dass dann jeder kommen kann, der gerade belastet ist, und Geld vom Freistaat Thüringen bekommt, sondern wir müssen zielgerichtet und seriös die Hilfen adressieren. Und uns war wichtig, dass wir auch – und das haben Sie völlig aus dem Blick verloren, auch wenn Sie hier gesagt haben, wir möchten gern das Sondervermögen bis zum Jahr 2025 verlängern –, uns war eben auch wichtig – im Gegensatz zu Ihnen –, dass wir nicht nur Unternehmen über diesen Winter helfen, sondern ihnen auch die Unterstützung ermöglichen, ihre Produktion so umzustellen, dass sie in einer veränderten Wirtschafts- und energetischen Situation, die wir nach dem Jahr 2022 auch in Thüringen vorfinden werden, noch markfähig sind und weiter produzieren können. Das ist eben auch eine Verantwortung, die wir in Thüringen wahrnehmen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Deswegen ist es richtig, dass wir den Transformationsprozess und die Dekarbonisierung in dieses Gesetz mit reingeschrieben haben.

 

Deswegen will ich es auch noch mal deutlich sagen, ich habe das gestern auch schon gegenüber der Presse gesagt: Wir dürfen auch nicht den Eindruck vermitteln, und das tun Sie so, als ob Sie sagen, Sie haben das Geld zur Verfügung gestellt und dieses Geld wird jetzt über das Land strömen und die Menschen praktisch in dieser Krise von den Belastungen entlasten. Nein, wir müssen auch ehrlich sein. Wir werden nicht jede Belastung, die in dieser Inflationskrise – diese Gewinninflation – den Menschen auferlegt wird, wirklich mildern können. Wir können mit den Thüringer Landesmitteln dort helfen, wo wirklich Existenzen bedroht sind – das meine ich bei Unternehmen, das meine ich bei Menschen –, wir können dort helfen, wo wirklich Weiterbetrieb – und da beziehe ich mich explizit auch auf die soziale Infrastruktur – bedroht ist. Und das heißt eben, wir müssen die Mittel so adressieren, dass sie bei denen ankommen, wo die Existenz gefährdet ist, gerade auch im Wirtschaftsbereich durch Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.

Deswegen, weil Sie hier auch gern wieder in den Mittelpunkt stellen, dass Sie die 400 Millionen Euro jetzt freigemacht haben: Wir haben im September hier schon alle gesagt – unisono, alle Fraktionen –: Wir werden uns darüber unterhalten müssen, zusätzliches Geld zu dem, was im Sondervermögen bereits vorhanden ist, zur Verfügung zu stellen.

 

(Beifall SPD)

 

Das ist doch wohl natürlich, aber es ist doch auch der richtige Weg, darüber nachzudenken – und deswegen geht auch der Antrag der FDP fehl –, im Zusammenhang mit einer Haushaltsplanung auch die Rücklagenentwicklung in den Blick zu nehmen, die Mittelfristige Finanzplanung. Man kann doch, Herr Montag, nicht einfach Geld aus der Rücklage nehmen, wie man sich einfach irgendwie hier frei bedienen möchte, und dann aber gleichzeitig die Handlungsfähigkeit im normalen Haushaltsvollzug des Freistaats gefährden.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das muss man doch parallel denken. Es nützt doch nichts, jetzt Geld auszuschütten, um die Krisenbelastungen abzumildern, und dann als Staat in der Folgezeit, die viel größere Herausforderungen beinhaltet, handlungsunfähig zu sein. Das ist doch die Diskussion, die wir führen müssen. Ihnen war es in den Beratungen aber politisch wichtig, dass die Zuführung sofort kommt. Ihnen war es politisch wichtig, dass es zu einer fokussierten Ausrichtung auf die Wirtschaft kommt. Zu dem Ersten haben wir uns verständigt, zum Zweiten haben wir eine ausgewogene Regelung gefunden, auf die wir uns geeinigt haben.

Deswegen sage ich es auch noch einmal deutlich. Herr Emde wird damit auch schon in der Zeitung heute zitiert. Das ist doch auch allen klar. Das muss man hier auch deutlich und ehrlich sagen, dass wir diese 407 Millionen Euro nicht im Jahr 2022 ausreichen. Das ist rechtlich nicht möglich, das ist technisch nicht möglich und es wäre auch politisch unverantwortlich, weil es dann nicht seriös und zielgenau wäre. Deswegen werden wir natürlich ganz genau schauen, was der Bund noch auf den Weg bringt, dass wir diese Bundeshilfen ergänzen können. Wir werden über den Wirtschaftsplan sicherlich noch an der einen oder anderen Stelle reden müssen.

 

Heute schaffen wir mit diesem Gesetz einen Rahmen der Ermöglichung von Landeshilfen. Das ist ein erster, das ist ein gewaltiger Schritt, aber es werden noch viele weitere, sehr konkrete und auch sehr viele kleine folgen. Es ist richtig, nicht nur über Hilfen zu reden, sondern wirklich auch konkret in die Details zu gehen. Das hat Rot-Rot-Grün gemacht. Das hat die Landesregierung gemacht. Das zeigt auch Handlungsfähigkeit dieser Landesregierung, dass sie sich mit Ihnen einigt – trotz dieser einseitig politischen Fokussierung, die Sie ja wieder unter Beweis gestellt haben. Uns geht es wirklich um die Sache, um konkrete Hilfen für die Menschen, für Kommunen, für die soziale Infrastruktur und auch für Unternehmen in diesem Land. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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